2010 Leipzig

 

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Die geplante Änderung der Apothekenbetriebsordnung – das zentrale Thema der Pharmazierätetagung

Die jährliche Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) fand - mit einer Rekordbeteiligung - in diesem Jahr von 17. bis 20. Oktober 2010 in Leipzig statt.

Über 110 ehrenamtliche Pharmazieräte, Amtsapotheker, Vertreter der zuständigen Ministerien und Bezirksregierungen aus ganz Deutschland sowie der Standesvertretungen informierten sich über das Thema „Novellierung der Apothekenbetriebsordnung“ und diskutierten dazu intensiv rechtliche Fragen und zukünftige Qualitätsanforderungen.

Nach § 1 Abs. 1 ApoG obliegt den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.
Der Staat hat damit seine Fürsorgepflicht hinsichtlich der Arzneimittelversorgung den öffentlichen Apotheken vor Ort übertragen. Sie haben den Auftrag, flächendeckend in Deutschland zu jeder Zeit, Tag und Nacht, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Verbunden mit Rechten hat der Staat dazu allen Apotheken auch umfangreiche Gemeinwohl-Pflichten auferlegt wie Notdienst, Vorratshaltung, Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages vor kommerziellen Interessen und die Pflicht zur Beratung von Ärzten und Patienten. Um die vom Staat gewünschte Qualität in der Arzneimittelversorgung sicherzustellen, wurde auf der Grundlage des § 21 ApoG die Apothekenbetriebsordnung, die derzeit überarbeitet wird, als Regelwerk und Qualitätsstandard geschaffen. Ohne die Apothekenbetriebsordnung wäre die Arzneimittelversorgung der Beliebigkeit überlassen. Die Arzneimittel würden zur banalen Ware reduziert, die bedenkenlos (und in möglichst großen Mengen) verbraucht werden können (und sollen) - ohne qualifizierte pharmazeutische Beratung.
Arzneimittel sind jedoch ein besonderes Gut, das besonderer Sorgfalt und besonderem Sachverstand bedarf. Ein Gut, das in die Apotheke vor Ort und in die Hand der Apothekerin / des Apothekers gehört. Dort befindet sich das Arzneimittel in dem gesicherten Umfeld einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung mit der Apothekenbetriebsordnung als bewährten Ordnungsrahmen.
Die geplante Novellierung der Apothekenbetriebsordnung war daher drei Tage lang das zentrale Thema der diesjährigen Pharmazierätetagung. Dabei wurden vier Resolutionen erarbeitet und einstimmig verabschiedet.
 
Bei der Eröffnung der Tagung bezeichnete der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands, Christian Bauer, die Apothekenbetriebsordnung als Ausdruck der Verantwortung der Apotheke für die Gesundheit und für die Qualität der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.
Grußworte sprachen für die Staatsregierung des Freistaates Sachsen Ministerialrat Dr. Frank Bendas und für die Sächsische Landesapothekerkammer Präsident Friedemann Schmidt. Dr. Bendas betonte die Unteilbarkeit der Qualität in der Apotheke und in der Industrie und führte aus, dass es zur öffentlichen Apotheke keine Alternative gebe. Die Zeit sei reif für eine Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung. Auch Schmidt begrüßte die stärkere heilberufliche und pharmazeutische Ausrichtung in der geplanten Apothekenbetriebsordnung und bezeichnete die APD-Tagung als den geeigneten Ort für eine gründliche fachliche Diskussion.
 
Mit Spannung wurde der Vortrag der Leiterin des Referates „Arzneimittelzulassung und –qualität, Apothekenbetrieb“ im BMG, Ministerialrätin Dr. Dagmar Krüger, erwartet, den sie als Fachgespräch mit den Pharmazieräten als Sachverständige im Apothekenwesen zum Thema „Apotheke der Gegenwart/Zukunft“ verstand. Die Grundlage für das Fachgespräch waren Überlegungen zur Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung. Dabei betonte sie als ein Ziel der neuen Apothekenbetriebsordnung z. B. die Verbesserung der Patientensicherheit bei Information, Beratung und Arzneimittelherstellung. In der Diskussion begrüßte die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) ausdrücklich die Stärkung des Apothekers als Heilberuf, die stärkere pharmazeutische und heilberufliche Ausrichtung der öffentlichen Apotheke und die damit verbundenen Qualitätsanforderungen in den geplanten Änderungen der Apothekenbetriebsordnung.
Ministerialrat Gert Bernscher, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, berichtete über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe „Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen“ (AATB) der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG). Themen waren die aseptische Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke, die dazugehörigen Räume als Ausnahme von der Einheit der Betriebsräume nach § 4 Abs. 4 ApBetrO analog der Zytostatikaherstellung und die Ausuferung von Dienstleistungen in manchen Apotheken, die inzwischen teilweise Kosmetikstudios nacheifern.
Die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink, ging auf die Qualitätsoffensive der Bundesapothekerkammer ein und betonte den hohen Stellenwert eines individuellen, vertraulichen und qualifizierten Beratungsgespräches, das durch externe Qualitätskontrollen validiert wird. Als Ausblick in die Zukunft stellte sie das ABDA-KBV-Modell einer Kooperation von Apotheker und Arzt mit einem Medikationsmanagement vor.
 
 
Die aktuelle Gesetzgebung aus der Sicht der ABDA beleuchtete der Geschäftsführer der ABDA für Apotheken-, Arzneimittel- und Berufsrecht, Lutz Tisch. Das AMNOG bringt einschneidende Veränderungen für die Apotheken im Bereich Apothekenabschlag, Packungsgrößenverordnung und aut-idem-Regelung. Das Fehlen eines Verbotes der Pickup-Stellen löste bei den Teilnehmern der Tagung größten Unmut aus. Als erfreulich bezeichnete Tisch die Stärkung der Regelungshoheit der Mitgliedsstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens in der EU durch den EuGH.
Über moderne Methoden zur Prüfung von Ausgangsstoffen in der Apotheke referierte Apotheker Dr. Michael Hörnig, Leiter des zentralen Prüflabors des DAC. Er ging auf die alternativen Identifizierungsmethoden des DAC ein mit den Grundsätzen: einfache instrumentelle Verfahren, möglichst zwei unabhängige Prüfungen und Vergleichsmöglichkeit mit bereits geprüfter Charge oder zertifizierter Substanz. Voraussetzung dafür ist immer ein valides Prüfzertifikat. Als Methoden werden verwendet: Bestimmung des Brechungsindexes, Mikro-Dünnschichtchromatographie, nasschemische Verfahren und elektronische Bestimmung des Schmelzpunktes nach der Mischschmelzpunktmethode. Diese Methoden können in jeder Apotheke durchgeführt werden.
Das Thema „Arzneimittelherstellung in der Apotheke – modern und zeitgemäß“ behandelte Apotheker Dr. Holger Reimann, Leiter des Pharmazeutischen Laboratoriums des Neuen Rezeptur-Formulariums (NRF), Eschborn. Er ging ausführlich auf die Qualitätsanforderungen bei der Herstellung und deren Umsetzung in der Apotheke ein. Er zeigte ein Formular zur Planung und Dokumentation einer Rezeptur in der Apotheke, beleuchtete einzelne Herstellungsverfahren mit den dazu nötigen Gerätschaften und wies auf geeignete Inprozesskontrollen hin. Die Dokumentation von Herstellungsschritten und Einwaagen wird zukünftig ein wichtiger Bestandteil einer Rezeptur sein. Dazu stellte Heinz Kragt, Wepa, ein Softwareprogramm vor, das die Einwaagen und andere Herstellungsdaten direkt von den Geräten online übernimmt und unter dem Namen des Patienten dokumentiert.
In einer intensiven Diskussion waren sich die Teilnehmer der Tagung einig, dass ordnungsgemäß ausgestattetes Labor und Rezeptur in jeder Apotheke (Haupt- und Filialapotheke) unverzichtbar sind und dass in jeder Apotheke Prüfung und Herstellung möglich sein müssen.
Als Ergebnis erarbeiteten die Tagungsteilnehmer die nebenstehenden Resolutionen, die eine Mindestausstattung an Prüf- und Herstellungsgeräten für jede Apotheke sowie eine Liste an wissenschaftlichen Hilfsmitteln und Literatur festlegen, die in jeder Apotheke vorhanden sein müssen, um eine ausreichende und qualifizierte Beratung von Patienten und Angehörigen der Heilberufe zu gewährleisten.
 
 
Traditionell wird die Tagung mit einem Festvortrag beendet, der den Blick auf andere Themen richten soll. Diesmal konnte als Referentin Frau Professor Dr. Karen Nieber vom Institut für Pharmazie an der Universität Leipzig gewonnen werden, die zum Thema „Kaffee – nicht nur ein Genussmittel“ intensiv auf die verschiedenen pharmakologischen Wirkungen des Koffeins einging. Koffein hat nicht nur die geschätzte anregende Wirkung, es löst auch eine viele weitere Effekte aus. Die Mechanismen der zentralerregenden, adjuvant analgetischen und brochodilatatorischen Wirkungen wurden anschaulich vermittelt. Ein Effekt auf das zerebrale Belohnungssystem und damit eine suchterregende Wirkung wurde ausgeschlossen.
 
Die Tagung wurde wieder ausgezeichnet vorbereitet von Dr. Winfried-G. Berger. Ein attraktives Rahmenprogramm rundete die Tagung ab: Leipzig als Stadt der Geschichte, Bach, Gewandhaus, Auerbachs Keller, Leipziger Messe, Nikolaikirche, friedliche Revolution … Und nach dem Besuch des Stasimuseums hatte für jeden der Begriff „Freiheit“ noch eine viel intensivere Bedeutung.
Um die finanziellen Belange kümmerte sich umsichtig und zuverlässig der Schatzmeister der Arbeitsgemeinschaft, Dr. Walter Taeschner, Lörrach.
Die APD bedankt sich für die freundliche Unterstützung der Tagung bei folgenden Firmen: ABDA, Sächsische Landesapothekerkammer, Dt. Apotheker-Verlag, Anzag, Sanacorp, VSA und Wepa.
Ein herzliches Dankeschön auch dem gesamten Vorstand der APD, Dr. Ute Stapel, Dr. Winfried-G. Berger, Dr. Wolfgang Kircher und Dr. Walter Taeschner, für die Vorbereitung und Durchführung der Tagung.
 
Zum Vormerken:
Die nächste Arbeitstagung der APD findet von 16. bis 19. Oktober 2011 in Trier statt.
 
 
Christian Bauer
 
Vorsitzender der APD
Löwen-Apotheke, Regensburger Str. 35, 93133 Burglengenfeld; Tel. 09471/5789
 
 




 
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