2009 Münster

 

 
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Patientenindividuelles Stellen von Arzneimitteln – das Schwerpunktthema der diesjährigen Pharmazierätetagung

Die jährliche Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) fand dieses Jahr von 11. bis 14. Oktober 2009 in Münster statt.

Über 80 ehren- und hauptamtliche Pharmazieräte und Amtsapotheker aus ganz Deutschland informierten sich über das Thema „Patientenindividuelles Stellen von Arzneimitteln“ und diskutierten dazu rechtliche Fragen und Qualitätsanforderungen.

Von den Altenheimen wird es immer öfters gefordert: die versorgende Apotheke nach § 12a ApoG soll die Arzneimittel für die Heimbewohner patientenindividuell stellen. Unabhängig von der Kostenfrage für die Apotheke stellt sich die Frage nach den rechtlichen Bestimmungen, nach der Qualität dieser Versorgung und nach der Arzneimittelsicherheit. Welche Vorteile und Nachteile hat das patientenindividuelle Stellen von Arzneimitteln? Soll der Markt zukünftig auch auf die Chronikerversorgung ausgeweitet werden, zentral von einzelnen Lieferanten aus? Ist die Haftungsfrage geklärt? Welche Anforderungen an die Qualität dieser Form der Arzneimittelversorgung sind zu fordern und zu beachten?
Hierzu wurde von der APD am Ende der Tagung beiliegende Resolution erarbeitet und einstimmig verabschiedet.
 
Grußworte sprachen für die Staatsregierung Nordrhein-Westfalen Ministerialrat Walter Frie und für die Apothekerkammer Westfalen-Lippe die neugewählte Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening. Frie betonte die Funktion der Tagung als wichtigen Beitrag zur Harmonisierung der Apothekenüberwachung und hinterfragte kritisch das Erscheinungsbild mancher Apotheken als „Kaufladen“ und nicht als Gesundheitseinrichtung. Auch Overwiening forderte die stärkere Ausrichtung des Apothekers als Heilberuf und verwies dabei auf die Qualitätsoffensive der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
 
Über aktuelle Änderungen in der Gesetzgebung, die die Apotheke betreffen, berichtete die Leiterin des Referates „Arzneimittelzulassung und –qualität, Apothekenbetrieb“ im BMG, Ministerialrätin Dr. Dagmar Krüger. Sie stellte ausführlich die wesentlichen Änderungen der 15. AMG-Novelle vor. So wird die Arzneimittelherstellung durch Ärzte jetzt auch vom AMG erfasst, Großhändler werden in den öffentlichen Versorgungsauftrag mit einbezogen und bei Nutzung der Standardzulassungen gilt ab 01.01.2010 eine Anzeigepflicht.
Ministerialrat Walter Frie, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, berichtete über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe „Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen“ (AATB) der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG). Das beherrschende Thema war natürlich die Pandemieprophylaxe und die Modalitäten der Impfstoffverteilung.
Besonders freuten sich die Tagungsteilnehmer, die neue Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink, begrüßen zu dürfen. Sie zeigte sich sehr zufrieden mit dem EuGH-Urteil und forderte die Apotheken auf, jetzt klar zu machen, dass sie unersetzbar für den Verbraucher sind. Dazu gehört eine gute qualitätsgesicherte Beratung mit dem Apotheker als Gesundheitsmanager. Der Apotheker verkauft keine Ware, sondern Problemlösungen.
Die APD dankte ausdrücklich dem Geschäftsführer der ABDA für Apotheken-, Arzneimittel- und Berufsrecht, Lutz Tisch, für seinen immensen Einsatz für den positiven Ausgang des EuGH-Verfahrens. Tisch beleuchtete die aktuelle Gesetzgebung aus der Sicht der ABDA. Er betonte, dass der Staat dem freien Heilberuf Apotheker Aufgaben und Gemeinwohlpflichten und als Gegenleistung zur Erfüllung dieser Aufgaben auch Rechte übertragen hat, die auch für ein erträgliches Auskommen des freien Heilberufes sorgen sollen. Die Preis-Freigabe der OTC-Produkte ist dafür kontraproduktiv, ebenso der Versandhandel mit den Auswüchsen Pick-up-Stellen.
Wolfgang Wagner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin, stellte kurz das neue Handbuch „Notfall- und Katastrophenpharmazie“ vor, das die Notwendigkeit und die Aufgaben der Apotheke in einem Katastrophenfall beschreibt.
Erwin Zattler, Bereichsleiter IT Orga und Logistik beim Pharmagroßhandel, beleuchtete den sensiblen Bereich Kühlwarenmanagement in der Arzneimittellogistik. Er zeigte anhand von Untersuchungen, dass beispielsweise die Fa. Sanacorp durch spezielle Gel-Akkus einen ordnungsgemäßen Transport von temperaturempfindlichen Arzneimitteln von minus 10°C bis plus 50°C sicherstellen kann.
Amtsapothekerin Dr. Ute Stapel, Gesundheitsamt Stadt Hamm, gab Informationen zum künftigen Gefahrstoffrecht (GHS-Verordnung) und stellte die neuen Piktogramme, Gefahren- und Sicherheitshinweise vor. Da eine neue Kennzeichnung erst ab 01.12.2010 zwingend ist und für Lagerbestände noch längere Übergangsfristen bestehen, empfahl sie, derzeit abzuwarten, bis entsprechende Handlungshilfen von den Fachgremien erarbeitet worden sind.
Ein großer Teil der Tagung war dem Schwerpunktthema „Patientenindividuelles Stellen von Arzneimitteln“ gewidmet. Dr. Andreas Schieweck, Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern, ging ausführlich aus Sicht einer Überwachungsbehörde auf die rechtlichen und technischen Aspekte und der damit verbundenen Problematik v. a. beim maschinellen Verblistern ein. Für die gewerbliche Herstellung von Arzneimiitelblistern in einer Apotheke besteht derzeit keine arzneirechtliche Zulassungspflicht. Verblistert eine Apotheke im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes für die eigenen Patienten und versorgten Heime mit Vertrag nach § 12a ApoG, so ist dazu keine Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG nötig. Werden andere Apotheken beliefert, so ist dazu eine Herstellungserlaubnis erforderlich. An die Betriebsräume für eine maschinelle Verblisterung sind ebenso wie an die verwendeten Maschinen bestimmte Qualitätsanforderungen zu stellen, z b. Reinraumklasse D. Ein großes Problem ist die Kreuzkontamination. Die Reinigungsverfahren müssen hohen Anforderungen genügen, ihre Eignung ist nachzuweisen. Es gibt kaum Daten über die Stabilität, Licht- und Feuchtigkeitsempfindlichkeit der verblisterten Arzneimittel. Bestimmte Arzneimittel wie z. B. Amlodipin, Zytostatika, Antibiotika oder Hormone sind für eine Verblisterung ungeeignet. Einen großen Teil der Arzneimittel-Haftung trägt der Inhaber der Apotheke, vor allem für die Risiken, die sich aus der patientenindividuellen Verblisterung ergeben.
Aus der Praxis des Stellens von Arzneimitteln berichteten zwei Kollegen. Christian Buttenberg vom a.novum Blistercentrum Berlin/Brandenburg, ein apothekereigenes Unternehmen, zeigte, wie in einem modernen Blistercentrum ca. 2000 Arzneimittel für Apotheken maschinell in Schlauchblister verpackt werden. Es sind dazu umfangreiche und aufwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen erforderlich – von Reinraum Klasse D über validierte Reinigungsverfahren bis hin zu optisch-digitalen Kontrollen der Blister. Die Kosten für einen Wochenblister liegen bei ca. 3,50 €.
Über das händische Stellen von Arzneimitteln in wieder verwendbare Behältnisse berichtete Dr. Horst W. Schuchmann, Fa. Konzepte für die Pharmazie, der Softwarelösungen mit Handlungsanweisungen zu diesem Zweck entwickelt hat. Diese umfassen die Bereiche Raum (abgeteilt), Gerätschaften, Verträge, umfangreiche Dokumentation, Beschriftung, personenbezogene Lagerung der Arzneimittel bis hin zum Vier-Augen-Prinzip beim Stellen und Endkontrolle durch einen Apotheker.
Nach einer intensiven Diskussion erarbeiteten die Tagungsteilnehmer die nebenstehende Resolution, die Anforderungen an das patientenindividuelle Stellen von Arzneimitteln aus Sicht der APD festlegt.
 
Mit Prof. Dr. Klaus Langer, Direktor des Instituts für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Münster, konnte ein ausgesprochener Fachmann für das Hightech-Thema Medizinische Nanotechnologie als Referent gewonnen werden. Prof. Dr. Langer arbeitet an der Erforschung nanostrukturierter Trägersysteme für unterschiedliche Arzneistoffgruppen. Er zeigte auf, dass schon Paul Ehrlich die Idee von „Zauberkugeln“ hatte, die den Arzneistoff zielgenau an den Wirkort transportieren sollen. Aussichtsreich ist hier die Forschung mit Nanopartikel für das zelluläre „Targeting“. Mit Hilfe der Nanotechnologie kann z.B. der schwer lösliche Wirkstoff Paclitaxel als wässrige Suspension verarbeitet werden.
 
Die Tagung wurde wieder ausgezeichnet vorbereitet von Dr. Winfried-G. Berger. Wie immer war die Tagung abgerundet durch ein attraktives Rahmenprogramm: Münster als „lebenswerteste Stadt der Welt“, als Stadt des Westfälischen Friedens und das Münsterland mit seinen Schlössern und Burgen boten viel Sehenswertes.
Um die finanziellen Belange kümmerte sich umsichtig und zuverlässig der Schatzmeister der Arbeitsgemeinschaft, Dr. Walter Taeschner, Lörrach. Die APD bedankt sich für die freundliche Unterstützung der Tagung bei folgenden Firmen: ABDA, Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Govi-Verlag, Sanacorp, VSA und Wepa.
Im Rahmen einer Feierstunde wurde Dr. Helger Buttle für seine herausragenden Verdienste um die Arbeitsgemeinschaft die Cosmas-und-Damian-Medaille verliehen. Dr. Buttle war von 1996 bis 2008 Schatzmeister der APD und hat in dieser Zeit die Finanzen der APD vorbildlich verwaltet. Dafür sei ihm und seiner Frau Isolde nochmals ganz ausdrücklich im Namen der APD gedankt.
Ein herzliches Dankeschön auch dem gesamten Vorstand der APD, Dr. Ute Stapel, Dr. Winfried-G. Berger, Dr. Walter Taeschner und Dr. Wolfgang Kircher, für die Vorbereitung und Durchführung der Tagung.
 
Zum Vormerken:
Die nächste Arbeitstagung der APD findet vom 17. bis 20. Oktober 2010 in Leipzig statt.
Christian Bauer, Vorsitzender der APD
 
 

 

 

 
 

 

 
   

 

 
 
 
 
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